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11.10.2016

Arztbesuch mit Schein oder Karte?

Expertenanhörung zur elektronischen Gesundheitskarte für Asylbegehrende

Sollen Asylbewerber eine elektronische Gesundheitskarte (eGK) erhalten oder nicht? Sind damit Kostensteigerungen oder -einsparungen verbunden? Diese Fragen werden seit Monaten kontrovers in Rat und Verwaltung diskutiert. In einer öffentlichen Anhörung tauschten jetzt Experten ihre Argumente aus.

In Trier erhalten Asylbewerber bisher am Anfang jedes Quartals einen Behandlungsschein, der sie berechtigt, medizinische Behandlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Anspruch zu nehmen. Im Oktober 2015 beauftragte der Stadtrat die Verwaltung, eine elektronische Gesundheitskarte (eGK) auf den Weg zu bringen, um das System der Behandlungsscheine abzulösen. Es folgten Verhandlungen der Landesregierung mit Krankenkassen, an deren Ende ein Rahmenvertrag mit der Krankenkasse KKH stand, dem sich die Kommunen anschließen können. Bisher hat dies keine getan.

In einer öffentlichen Sitzung des Steuerungsausschusses und des Dezernatsausschusses II hatten die Mitglieder nun Gelegenheit, ausgewiesenen Experten Fragen zur eGK zu stellen. Alle Widersprüche ließen sich jedoch auch in der dreistündigen Sitzung nicht ausräumen, insbesondere vermissten einige Stadträte miteinander vergleichbare Rechnungen, die die erwarteten Einsparungen beziehungsweise Kostensteigerungen begründeten. Das Amt für Soziales und Wohnen erwartet durch die eGK erhebliche Mehrkosten. Das Landesgesundheitsministerium sieht seinerseits erhebliche Einsparpotenziale. Diskutiert wurde auch, inwieweit die Karte eine Erleichterung für Asylbegehrende bedeuten könnte.

Ein entschiedenes Nein zur eGK formulierte keiner, jedoch kritisierten viele die ausgehandelten Rahmenbedingungen. Die KKH verlangt für ihre Dienstleistung acht Prozent der Behandlungskosten als Verwaltungspauschale, mindestens jedoch zehn Euro im Monat pro Asylbewerber. Für Sozialhilfeempfänger werden laut dem fünften Sozialgesetzbuch höchstens fünf Prozent als angemessen festgeschrieben. Karl-Heinz Zirkler (KKH) begründete den erhöhten Satz damit, dass Flüchtlinge besser beraten werden müssten. Dies würden seine Angestellten im Trierer Büro erledigen. Carsten Stumpenhorst vom Diakonischen Werk hielt dagegen, dass die ausgebildeten Sozialarbeiter und -helfer mit entsprechenden Sprachkenntnissen bisher diesen Job erledigten, im Rahmen der sozialen Begleitung, die die Stadt finanziere. Hans-Werner Meyer, Leiter des Amts für Soziales und Wohnen, hob hervor, dass gerade die persönliche Aushändigung der Behandlungsscheine genutzt werde, um über das Gesundheitssystem aufzuklären. Auch rechnete er vor, dass die Kosten bei einer Acht-Prozent-Pauschale höher seien als die Kosten für den momentan notwendigen zusätzlichen Personaleinsatz.

Tom Rutert-Klein, Abteilungsleiter im Landesgesundheitsministerium, unterstrich die Sachkenntnis der Krankenkassen, die zu niedrigeren Abrechnungen mit Ärzten und Apotheken führe. Er erläuterte auch, dass die Kommunen aus dem System der eGK wieder aussteigen könnten. Auf Nachfrage erklärte Zirkler, dass jede eGK eine Laufzeit von 15 Monaten habe und die Stadt sie bei den Leistungsberechtigten wieder einsammeln müsste. Dass die Karten nicht gesperrt werden können und es dadurch in einem langen Zeitraum zu – gewolltem oder ungewolltem – Missbrauch kommen könne, wurde ebenfalls thematisiert. Einer finanziellen Beteiligung des Landes an einem Pilotprojekt in Trier erteilte Rutert-Klein eine Absage. Dies würde nur in anderen Städten Begehrlichkeiten wecken, zudem solle die Einführung ja gerade Geld einsparen. Am 25. Oktober befassen sich Steuerungs- und Dezernatsausschuss II um 18 Uhr im Rathaussaal erneut mit dem Thema.

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